P. agnata

Oliver Gluchs
Welt der Fleischfressenden Pflanzen
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"Was Sie schon immer einmal über Fettkraut wissen wollten"

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P. filifolia
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Pinguicula caussensis Roccia (2016)





Im Süden von Frankreich erhebt sich in der Mitte das Massif Central. Am südlichen Ausläufer dieses Gebirges befinden sich Kalkstein-Hochplateaus, französisch "causses" genannt, in die sich über Millionen von Jahren Flüße eingefressen und tiefe Schluchten gebildet haben. In dieser Region, insbesondere entlang der Flüße Tarn und Dourbie, wachsen Fettkrautpopulationen, welche von den meisten Botanikern zuerst P. longifolia ssp. longifolia zugeordnet worden sind. 1962 wurden die Pflanzen vom deutschen Botaniker S. Jost Casper als Unterart von P. longifolia beschrieben und als ssp. caussensis bezeichnet. Diese Einstufung war nicht unumstritten, da sich die Pflanzen von den P. longifolia-Populationen der Pyreneen unterscheiden. In 2016 erhoben die Autoren Roccia et al. die Sippen aus dem Massif Central in den Artrang und beschrieben diese in ihrem Buch "Pinguicula of the Temperate North" als eigenständige Art unter dem Namen Pinguicula caussensis. Aufgrund des fehlerhaften Zitats der Publikation für den Holotyp war die Publikation erst einmal ungültig. Im September 2016 korrigierte Aymeric Roccia dies im "Carnivorous Plant Newsletter" und benannte die korrekte Publikation für den Herbarbeleg des Holotyps, auf die sich die Artbeschreibung bezieht.




P. caussensis wächst auf Kalkfelsen. Entweder wachsen die Pflanzen auf fast vertikalen Kalkfelsen in Moospolstern oder in dem wenigen verwitterten Kalksand, der sich durch Algen an den Felsen hält. Außer Gräsern und Farnen, die den Fettkräutern etwas Schatten bieten, sind kaum andere Pflanzen anzutreffen. Auf den nach Westen ausgerichteten Felsen sind die Pflanzen meist direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt.




Die Art gehört zum temperiert-anisophyllen Wuchstyp. Die kalten Wintermonate übersteht die Art mit der Ausbildung eines Hibernaculums, welches oft tiefer im Substrat sitzt und von außen nur wenig sichtbar ist. Anfang April werden die ersten Blätter der generativen Sommerrosette gebildet. Die Sommerblätter sind etwa 2 bis 4 cm lang und bis zu 2 cm breit und sind ähnlich wie P. grandiflora länglich bis verkehrt-eiförmig geformt und der Blattrand ist nach oben leicht eingerollt. Aus dieser Rosette bildet die Art auch die Blüten. Danach bildet P. caussensis eine vegetative Blattrosette aus, deren Blätter schmaler und länger (7 bis 8 cm) sind, dabei aber nicht die Blattformen der Sippen von P. longifolia ssp. longifolia aus den Pyrenneen aufweisen.




Da die Temperaturen Anfang April bereits die 20° C erreichen, beginnt die Blüte in der Regel schon Mitte April und erstreckt sich bis in den Juni hinein. Die großen Blüten erreichen nicht selten eine Länge von 2,5 bis 3 cm (inklusive Sporn). Die Blüte ist eindeutig in Oberlippe und Unterlippe geteilt, wobei die beiden Kronblätter der Oberlippe relativ kurz sind und sich leicht überlappen, die Lappen der Unterlippe 2 bis 3 Mal so lang sind und auf der Oberseite mit weißen Härchen besetzt sind. Form und Farbe der Blüte variieren recht stark, in der Regel ist die Blütenfarbe aber blau-violett und der Mittellappen der Unterlippe weist zum Schlund hin meist einen weißen Fleck auf. Seltener findet man weiße Flecken auch auf den beiden seitlichen Kronblättern der Unterlippe. Die Kronröhre besitzt eine konische Form und der gerade, leicht konisch zulaufende Sporn ist mit 0,8 bis 1,2 cm recht lang.
Die Art vermehrt sich entweder generativ über Samen oder vegetativ über Tochterpflanzen, die sich im Herbst an der Basis des Hibernaculums bilden.




P. caussensis läßt sich entweder im Freiland oder auch in einem Kalthaus gut kultivieren (wobei die Temperaturen im Kalthaus über Winter nicht mehr als 5 bis 10° C betragen sollten, sonst treiben die Pflanzen zu früh wieder aus). Die Art ist winterhart und verträgt ohne Probleme im Freien die üblichen Temperaturen der mitteleuropäischen Winter. Beim Substrat stellt die Art keine hohen Ansprüche. Auch die Kultur in reinem Torf ist möglich. Ein Überwintern des Hibernaculums in feuchtem Papier im Kühlschrank ist möglich, allerdings besteht hier immer die Gefahr von Pilzbefall, sollte das Hibernaculum nicht mit einem adäquaten Fungizid behandelt sein.