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Pinguicula caussensis
Roccia (2016)
Im
Süden
von Frankreich erhebt sich in der Mitte das Massif
Central. Am südlichen Ausläufer dieses Gebirges befinden
sich Kalkstein-Hochplateaus, französisch "causses"
genannt, in die sich über Millionen von Jahren Flüße
eingefressen und tiefe Schluchten gebildet haben.
In dieser Region, insbesondere entlang der Flüße Tarn
und Dourbie, wachsen Fettkrautpopulationen, welche von
den meisten Botanikern zuerst P. longifolia ssp.
longifolia zugeordnet worden sind. 1962 wurden die
Pflanzen vom deutschen Botaniker S. Jost Casper
als Unterart von P. longifolia beschrieben
und als ssp. caussensis bezeichnet. Diese
Einstufung war nicht unumstritten, da sich die Pflanzen
von den P. longifolia-Populationen der Pyreneen
unterscheiden. In 2016 erhoben die Autoren Roccia et al.
die Sippen aus dem Massif Central in den Artrang und
beschrieben diese in ihrem Buch "Pinguicula of
the Temperate North" als eigenständige Art unter dem
Namen Pinguicula caussensis. Aufgrund des
fehlerhaften Zitats der Publikation für den Holotyp war
die Publikation erst einmal ungültig. Im September 2016
korrigierte Aymeric Roccia dies im "Carnivorous Plant
Newsletter" und benannte die korrekte Publikation für
den Herbarbeleg des Holotyps, auf die sich die
Artbeschreibung bezieht.
P. caussensis
wächst auf Kalkfelsen. Entweder wachsen die Pflanzen auf
fast vertikalen Kalkfelsen in Moospolstern oder in dem
wenigen verwitterten Kalksand, der sich durch Algen an
den Felsen hält. Außer Gräsern und Farnen, die den
Fettkräutern etwas Schatten bieten, sind kaum andere
Pflanzen anzutreffen. Auf den nach Westen ausgerichteten
Felsen sind die Pflanzen meist direkter
Sonneneinstrahlung ausgesetzt.
Die
Art
gehört zum temperiert-anisophyllen Wuchstyp. Die kalten
Wintermonate übersteht die Art mit der Ausbildung eines
Hibernaculums, welches oft tiefer im Substrat sitzt und
von außen nur wenig sichtbar ist. Anfang April werden
die ersten Blätter der generativen Sommerrosette
gebildet. Die Sommerblätter sind etwa 2 bis 4 cm lang
und bis zu 2 cm breit und sind ähnlich wie P.
grandiflora länglich bis verkehrt-eiförmig
geformt und der Blattrand ist nach oben leicht
eingerollt. Aus dieser Rosette bildet die Art auch die
Blüten. Danach bildet P. caussensis eine
vegetative Blattrosette aus, deren Blätter schmaler und
länger (7 bis 8 cm) sind, dabei aber nicht die
Blattformen der Sippen von P. longifolia ssp.
longifolia aus den Pyrenneen aufweisen.
Da
die
Temperaturen Anfang April bereits die 20° C erreichen,
beginnt die Blüte in der Regel schon Mitte April und
erstreckt sich bis in den Juni hinein. Die großen Blüten
erreichen nicht selten eine Länge von 2,5 bis 3 cm
(inklusive Sporn). Die Blüte ist eindeutig in Oberlippe
und Unterlippe geteilt, wobei die beiden Kronblätter der
Oberlippe relativ kurz sind und sich leicht überlappen,
die Lappen der Unterlippe 2 bis 3 Mal so lang sind und
auf der Oberseite mit weißen Härchen besetzt sind. Form
und Farbe der Blüte variieren recht stark, in der Regel
ist die Blütenfarbe aber blau-violett und der
Mittellappen der Unterlippe weist zum Schlund hin
meist einen weißen Fleck auf. Seltener findet man weiße
Flecken auch auf den beiden seitlichen Kronblättern der
Unterlippe. Die Kronröhre besitzt eine konische Form und
der gerade, leicht konisch zulaufende Sporn ist mit 0,8
bis 1,2 cm recht lang.
Die Art vermehrt sich entweder generativ über Samen oder
vegetativ über Tochterpflanzen, die sich im Herbst an
der Basis des Hibernaculums bilden.
P.
caussensis läßt sich entweder im Freiland oder
auch in einem Kalthaus gut kultivieren (wobei die
Temperaturen im Kalthaus über Winter nicht mehr als 5
bis 10° C betragen sollten, sonst treiben die Pflanzen
zu früh wieder aus). Die Art ist winterhart und verträgt
ohne Probleme im Freien die üblichen Temperaturen der
mitteleuropäischen Winter. Beim Substrat stellt die Art
keine hohen Ansprüche. Auch die Kultur in reinem Torf
ist möglich. Ein Überwintern des Hibernaculums in
feuchtem Papier im Kühlschrank ist möglich, allerdings
besteht hier immer die Gefahr von Pilzbefall, sollte das
Hibernaculum nicht mit einem adäquaten Fungizid
behandelt sein.
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