P. agnata

Oliver Gluchs
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Pinguicula dertosensis (Cañigueral) Mateo & Crespo (1995)






Im Westen der spanischen Stadt Tortosa, im südlichen Teil der Provinz Katalonien gelegen,erhebt sich an der westlichen Seite des Ebro-Tals ein bis zu 1441 m hohes Kalkstein-Gebirge, welches im Katalanischen 'El Ports' oder 'Ports de Tortosa' bezeichnet wird. Schon 1957 beschrieb der spanische Botaniker J. Cañigueral Pflanzen aus diesem Gebirge, die er für eine abweichende Form von P. grandiflora hielt und bezeichnete sie als P. grandiflora var. dertosensis. In dieser Region sind aber eigentlich keine Sippen von P. grandiflora bekannt, die Unterschiede zu P. grandiflora sind auch insbesondere bei den Blüten und den nach der Blüte gebildeten karnivoren Blättern beträchtlich. Mateo und Crespo ordneten 1995 in ihrer Betrachtung der Sippen aus den Ports de Tortosa eigenständige Art unter der Bezeichnung P. dertosensis ein.




In Cañiguerals Beschreibung aus den 1950er Jahren sind mehrere Standorte in dem Gebirge zwischen 300 und 600 m ü. M. angegeben, allerdings sind mittlerweile auch Standorte bis 1000 m ü. M. bekannt. Ein Standort ist die Caramella-Schlucht südöstlich des Monte Caro, der mit 1441 m ü. M. höchsten Erhebung der Ports de Tortosa. Das typische Habitat sind fast vertikale Hänge aus verwittertem Kalkstein, die durch das ständige Überrrieseln der Stellen mit Wasser eine dünne Bodenschicht aus Kalksand gebildet haben, die von Algen Moos und Gräsern zusammengehalten wird. Die Pflanzen werden ständig mit Wasser umspült. Pflanzen einer etwas höher gelegenen Population nahe dem Wasserfall des Barranc de la Caramella wachsen selbst direkt im Wasser. In den trockeneren Sommermonaten stehen die Pflanzen dann in etwas weniger nassem Substrat. Es gibt aber auch Populationen, die direkt auf Kalkfelsen oder in einer Moosschicht auf Kalkfelsen wachsen, wie beispielsweise bei der Cova Avellanes (Avellanes-Höhle).





Ob es sich bei dieser Art um einen temperiert-heteropyhllen (nur ein Typ von karnivoren Blättern) handelt oder od die Art zum temperiert-anisophyllen Wuchstyp mit zwei verschiedenen karnivoren Blatttypen gehört, ist nicht so ganz eindeutig zu klären. Während Crespo et al. in ihrer Publikation in 2020 P. dertosensis dem temperiert-heterophyllen Wuchstyp zuschreiben, tendiere ich selbst mehr zum temperiert-anisophyllen Wuchstyp, wobei der Übergang zwischen den beiden Blatttypen fließend zu sein scheint und je nach Standort die Unterschiede zwischen den Blatttypen mehr oder weniger stark ausgeprägt sind.

Nach dem Überwintern mittels eines Hibernaculums bilden die Pflanzen Mitte März die ersten karnivoren Blätter aus. Die Frühjahrsblätter, die bis zur Blüte gebildet werden, sind länglich-verkehrt eiförmig bis elliptisch-verkehrt eiförmig und 3 bis 5 cm lang und 1,5 bis 2,5 cm breit. Das Blattende ist leicht spitz zulaufend. Der Blattrand ist nach oben gebogen und die Oberseite der Blätter ist dicht mit gestielten und sitzenden Drüsenhaaren besetzt. Die Blätter ab Beginn der Blüte sind mit 4 bis 10 cm länger, variieren in der Form von elliptisch-verkehrt eiförmig bis länglich elliptisch. Der Blattrand ist fast gar nicht bis nur leicht nach oben gebogen. Die Blattfarbe ist meist hellgrün, manchmal aber auch rötlich-braun. Bereits Anfang Juli bilden die ersten Pflanzen schon wieder ein Hibernaculum aus, auch wenn die karnivoren Blätter noch einige Wochen grün und aktiv bleiben und Insekten fangen und so der Pflanze noch zusätzliche Nährstoffe erschliessen.


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Die auf den nach Südosten ausgerichteten Hängen und Felsen vorkommenden Kolonien stehen am Vormittag in der direkten Sonne, und so liegen die Lufttemperaturen trotz des kühlenden Gebirgswassers tagsüber bereits im April über 20° C warm. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Blüte bereits Anfang April beginnt und Ende Mai schon beendet ist. Die Blüte ist in Oberlippe und Unterlippe unterteilt. Die beiden Lappen der Oberlippe haben eine keilförmige Form mit rundem Ende, die Lappen der Unterlippe sind länglich-keilförmig mit rundem Ende. Die Lappen der Unterlippe sind mit 4 bis 10 mm mindestens doppelt so lang wie die Lappen der Oberlippe. Die Blütenfarbe ist blaß-violett bis purpurfarben, wobei bei den meisten Blüten die Kronblätter an der Basis zum hin weiß gefärbt sind. Der Eingang zur Kronröhre ist dicht mit weißen Härchen besetzt und der Kronröhreneingang ist dunkelviolett gefärbt. Der Sporn hat eine Länge von bis zu 1,3 cm und ist fast gerade, das Spornende ist manchmal zweigeteilt.
Die Art vermehrt sich entweder generativ über Samen oder vegetativ über Tochterpflanzen, die sich im Herbst an der Basis des Hibernaculums bilden.



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Die Kultur von P. dertosensis ist im Freiland wie auch in einem Gewächshaus mit Kalthausbedingungen (3-5°C über Winter) möglich. Da die Art winterhart ist, übersteht diese die mitteleuropäischen Winter im Freiland in der Regel ohne Probleme. Dabei ist aber zu beachten, dass während der Wintermonate das Hibernaculum bei Frost aus dem Substrat gedrückt werden kann und dann frei auf der Substratoberfläche liegt. Dies kann schnell zum Vertrocknen des Hibernaculums führen. Bei Kultur im Gewächshaus ist auf gute Belüftung und luftdurchlässiges Substrat zu achten (dauerhaftes Anstauverfahren ist nicht zu empfehlen). An den Substrattyp scheint die Art keine großen Ansprüche zu haben. Eine erfolgreiche Kultur in kalfreiem Substrat, bzw. mit leicht saurem pH-Wert, ist möglich, aber auch in reinem Vermiculit gedeihen die Pflanzen gut.


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