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P. agnata

Oliver Gluchs
Welt der Fleischfressenden Pflanzen
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P. filifolia
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Pinguicula medusina Zamudio & Studnička (2000)



Auf einer botanischen Kakteenexkursion 1977 sammelten Alfred Lau zusammen mit den beiden tschechischen Kakteenexperten Jan Rija und Rudolf Subik Pflanzen einer Fettkrautsippe, die im Gebirge Sierra Madre del Sur auf Gipshügeln nahe der Gemeinde Santiago Juxtlahuaca im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca. Einige Pflanzen wurden dann unter anderem an den botanischen Garten der Karls-Universität in Prag und an den botanischen Garten in Linz geschickt. Während die Pflanzen in Prag eingingen, war der botanische Garten in Linz erfolgreich mit der Kultur und verteilte Pflanzen unter dem Namen Pinguicula 'alfredae' an andere botanische Gärten und Fettkrautliebhaber. Allerdings konnte in den Folgejahren nicht geklärt werden, ob es sich bei der Sippe von Santiago Juxtlahuaca um P. heterophylla oder um eine eigenständige neue Art handelt. 1998 und 1999 wurden vom mexikanischen Botaniker Sergio Zamudio verschiedene Exkursionen unternommen, um mehr über die Pflanzen und das Habitat in Erfahrung zu bringen. Gleichzeitig studierte der tschechische Botaniker Miloslav Studnička im Botanischen Garten in Liberec (Tschechien) kultivierte Pflanzen, um deren Identität zu klären. In Jahr 2000 kamen dann Zamudio und Studnička zu dem Schluß, dass sich die Sippe in mehreren Eigenschaften von P. heterophylla unterscheidet und beschrieben die Sippe als neue Art unter dem Namen Pinguicula medusina. Der Name der Art bezieht sich auf den Kopf der Medusa aus der griechischen Mythologie, da die beiden Autoren bei Form und Aussehen der Sommerrosette von P. medusina Ähnlichkeiten mit den Schlangenhaaren der Medusa sahen. 


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P. medusina wächst auf nach Osten und Norden ausgerichteten Gipshügeln in 1650 bis 1700 m ü. M. Die vorherrschende Vegetation ist ein tropischer (während der Trockenzeit) laubabwerfender Wald, lokal "bosque tropical caducifolio" genannt. Neben locker stehenden kleinen Bäumen, Büschen, Sträuchern und Gräsern kommt am Standort noch eine kleine Palmen- und eine Begonien-Art vor. 


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P. medusina gehört zum tropisch-heterophyllen Wuchstyp. Während der Trockenzeit (etwa ab Dezember) bildet die Art eine Winterrosette in Form einer Zwiebel. Die Winterrosette besteht aus 70 bis 90 nicht karnivoren, dickfleischigen lanzettlich bis schmal lanzettlichen, spitz zulaufenden Blättern, die 8 bis 23 mm lang und 1,5 bis 3,5 mm breit werden. Die äußeren Blätter der Winterrosette sind vertrocknet und sind seitlich behaart. Diese Blätter umschließen die noch aktiven Blätter der Winterrosette und bilden eine pergamentartige Hülle. Während der Trockenperiode scheint die Winterrosette nicht weiter zu wachsen. Die zwiebelartige Winterrosette sitzt bis mehrere Zentimeter tief im Gipssubstrat.


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P. medusina bildet 2 Formen von karnivoren Blättern aus und ist dementsprechend anisophyll. Gegen Ende Mai werden die ersten karnivoren Blätter gebildet. Die 2 bis 5 Blätter dieses Blatttyps haben eine länglich-eiförmige bis länglich-lanzettliche Form und sind 2 bis 4 cm lang und 3 bis 7,5 mm an der breitesten Stelle. Die Blätter liegen flach auf dem Substrat an, sind meist dunkelgrün bis rötlich-baun gefärbt und sind auf der Blattoberseite dicht mit sitzenden und gestielten Drüsenhaaren besetzt. Danach werden die Blätter des zweiten Blattyps gebildet. Diese Rosette besteht aus 6 bis 12 lanzettlich-linealisch geformten Blättern, die 7 bis 19 cm lang und 1,5 bis 3,5 mm an der breitesten Stelle nahe der Blattbasis werden. Der Blattrand ist stark nach unten gebogen. Die Blätter wachsen zuerst aufrecht, neigen sich mit der Zeit dann immer mehr zum Substrat. Neben der gerativen Vermehrung über Samen kann sich P. medusina auch vegetativ vermehren. An etwa 70 bis 80% der Blätter bilden sich am Blattende kleine Tochterpflanzen, die während des Wachstums auch schon Wurzeln ausbilden und sich dann nach dem Absterben des Blattes im Substrat verankern und sich von der Mutterpflanze trennen. Bei im Herbst gebildeten Tochterpflanzen kommt es oft vor, dass sich die Blätter der Mutterpflanze vor dem Vertrocknen nicht mehr nach unten neigen, und so bilden die Tochterpflanzen noch an dem vertrocknenden Blatt der Mutterpflanze eine zwiebelartige Winterrosette aus. Da diese Winterrosette während der Trockenperiode am vertrockneten Blatt hängen bleibt, kann diese nicht weggeweht oder bei stärkerem Regen weggespült werden und kann sich nach einsetzender Regenzeit im nächsten Frühjahr mit den neugebildeten Wurzeln im Gipssubstrat verankern.


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P. medusina blüht von Anfang Juni bis Mitte Juli. Die Pflanzen bilden 1 bis 3 Blüten aus. Der Blütenstil ist 4 bis 14 cm lang, olivgrün, bräunlich oder rotbraun gefärbt und dicht mit Drüsenhaaren besetzt. Die Blütenkrone besteht aus zwei Lippen mit fast gleichgroßen Kronblättern. Die Petalen der Oberlippe sind länglich bis schmal eiförmig mit abgerundetem bis gestutztem Blattende, 5 bis 8 mm lang und 2,5 bis 5 mm breit. Die Petalen der Unterlippe sind 5 bis 9 mm lang und 2,5 bis 5 mm breit. Die Kronblätter überlappen sich nicht. Die Farbe der Petalen variiert zwischen weiß und weiß mit violettem Rand. Auf der Oberseite sind die Kronblätter von der Blattmitte bis zum Kronröhreneingang dicht mit weißen Härchen besetzt. Auf der Unterseite der Petalen sind vereinzelt Drüsenhaare vorhanden. Die Basis des mittleren Kronblatts der Unterlippe weist einen grüngelblichen Fleck auf, der sich auch etwas in die Kronröhre fortsetzt. Die Kronröhre hat eine zylindrische Form, die sich zum Ende hin verjüngt, und ist 6 bis 9 mm lang. Die Kronröhre hat eine dunkelviolette Farbe mit leichter parallel verlaufender Aderung, wobei die Farbe zum Sporn hin weißlich wird. Die Außenseite der Kronröhre ist mit Drüsenhaaren besetzt. An die Kronröhre schließt sich der fast zylinderförmige, 3 bis 5 mm lange Sporn an. Der Sporn ist hellgrün bis olivgrün gefärbt (die Autoren geben fälschlicherweiße die Farbe des Sporns mit weiß an) und am Ende rundlich und manchmal leicht verdickt. 


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Manche Autoren sehen P. medusina nur als eine Variante von P. heterophylla an. Allerdings unterscheidet sich das Habitat und die klimatischen Verhältnisse am Standort deutlich von den bekannten Habitaten von P. heterophylla. Weitere Unterscheidungsmerkmale liegen laut Zamudio und Studnička in der Größe und Form der Kronblätter, der Überlappung der Petalen der Unterlippe (nur bei P. heterophylla vorhanden), der Ausfärbung der Petalen, der Form und Größe der Kronröhre sowie der Zeitpunkt der Blüte. Die Ausbildung von Tochterpflanzen am Blattende von Sommerblättern ist allerdings eine Eigenschaft, die man auch bei Populationen von P. heterophylla beobachten kann, allerdings ist der Prozentsatz an Blättern, die Tochterpflanzen bilden, sehr viel geringer als bei P. medusina.

Bei der Kultur von P. medusina ist darauf zu achten, dass man die sich im Substrat befindenden Winterrosetten recht trocken kultiviert, sonst besteht die Gefahr, dass die Pflanzen verfaulen. Ab April/Mai kann man das Substrat etwas feuchter halten, sobald die ersten Sommerblätter aus der Winterrosette erscheinen. Während der Sommermonate sollte man die Pflanzen feucht halten, allerdings ist eine dauerhafte Kultur im Anstauverfahren nicht zu empfehlen. Als Substrat ist Gips nicht unbedingt notwendig. Die Kultur einem gut durchlüfteten (grobporigen) mineralischen Substrat zeigte sehr gute Kulturerfolge. Ab Oktober sollte man die Wassergaben wieder reduzieren und nach Ausbildung der Winterrosette sollten die Pflanzen wieder recht trocken kultiviert werden.