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Pinguicula
nevadensis
(Lindberg) Casper (1962)
Die
Sierra
Nevada im südlichen Spanien ist neben den Alpen der
höchste Gebirgszug in Europa, der Mulhacén mit seinen
3482 m der höchste Berg der iberischen Halbinsel. Das
Gebirge, entstanden im Trias durch das
Aufeinandertreffen der afrikanischen Platte auf das
iberische Festland, erstreckt sich über eine Länge von
78 km von Osten nach Westen. Im Hochgebirgsbereich
herrschen metamorphose Gesteinsformen (Glimmerschiefer,
Quarzit, Gneis) vor.
Das Klima der Sierra Nevada ist sehr verschiedenartig
und aufgrund der geographischen Lage durch sehr
extreme und einzigartige Bedingungen geprägt. In der
Hochgebirgszone spricht man von einem kalten
Wüstenklima, wobei 9 Monate im Jahr Schnee liegt und
nur von Juni bis September in der "schneefreien"
Jahreszeit hohe Tagestemperaturen und kalte Nächte
vorherrschen. Durch diese speziellen Klimabedingungen
konnten sich eine ganze Reihe von Pflanzenarten
entwickeln, die nur in der Sierra Nevada anzutreffen
sind. Hierzu zählt auch P. nevadensis (span.:
tiraña de Sierra Nevada).
Bereits 1932 wurde die Art von dem finnischen Botaniker
Harald Lindberg zum ersten Mal beschrieben, damals aber
fälschlicherweise als Unterart von P. vulgaris
eingeordnet. Erst 1962 wurde die Sippe vom deutschen
Botaniker Jost Casper als eigenständige Art unter dem
Namen P. nevadensis eingestuft. Der Artname
bezieht sich auf das Verbreitungsgebiet der Pflanzen in
der Sierra Nevada. In der Literatur findet man Angaben
zum Vorkommen der Art in Höhen zwischen 1400 m und 2600
m, allerdings habe ich Pflanzen auch über 3000 m
gefunden. Das typische Habitat von P. nevadensis
sind die Borstgrasfeuchtwiesen der Hochgebirgszone,
spanisch "borreguiles" genannt, wo die Pflanzen in
feucht-torfigem Substrat am Ausfluß von kleinen Lagunen
oder entlang von Bächen wachsen und in der eher kargen
Landschaft kleine grüne Inseln bilden.
P.
nevadensis gehört zum temperiert-heterophyllen
Wuchstyp. Neben den Blättern des Hibernaculums bilden
die Pflanzen nur eine weitere Blattart aus. Nach dem
Überwintern der Pflanzen mittels einer Winterknospe
(Hibernaculum) treiben gegen Ende Mai die ersten
karnivoren Sommerblätter aus. Die Sommerblätter können
bis zu 4,5 cm lang und bis zu 2,5 cm breit werden, der
Blattrand ist meist nach oben gebogen. Die Pflanzen
wachsen oft in Horsten zusammen. Die Blütezeit dieser
Art beginnt Ende Juni und endet Anfang August. Die Blüte
ist zweilippig, zur Kronröhre violett gefärbt und zum
Blattrand hin weißlich-blaßviolett werdend. Der
Mittellappen der Unterlippe ist auf der Oberseite
behaart und zur Kronröhre hin leicht gelblich gefärbt.
Die Kronröhre ist trichterförmig und dunkelviolett. Der
Sporn hat eine zylindrische Form und ist meistens leicht
nach unten gekrümmt.
Am Naturstandort wachsen die Pflanzen zumindest auf
der Südseite der Sierra Nevada in fast direkter Sonne,
nur durch die niedrig wachsenden Seggen (Carex sp.)
oder Borstgras leicht beschattet. Zu der direkten
Sonneneinstrahlung kommt noch durch die Höhe bedingt
die starke ultraviolette Strahlung.
Die Kultur der Art ist nicht unproblematisch, da die
Pflanzen eine relativ lange Ruhephase in Form einer
Winterknospe haben. Die Winterknospen sollten im
Spätherbst am besten im Feiland oder im Kühlschrank
überwintert werden. Beim Überwintern der Pflanzen im
Kühlschrank ist eine Fungizidbehandlung gegen
Fäulnispilze vorteilhaft (insbesondere gegen
Schimmelpilze). Das Überwintern im Freiland birgt die
Gefahr, dass neben Schädlingen auch zu frühes Austreiben
der Winterknospen bei zu warmen Temperaturen die Folge
sein kann. Auch ein ständiges Gefrieren und Auftauen der
Pflanzen während des Winters kann zum Absterben der
Pflanzen führen.
Weitere (teilweise endemische) Tier- oder
Pflanzenarten aus der Sierra Nevada:
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