Pinguicula
vulgaris ssp. vestina Conti &
Peruzzi (2006)
In
den
botanischen Studien der Fettkräuter Zentralitaliens der
beiden italienischen Botaniker Fabio Conti und Lorenzo
Peruzzi aus dem Jahre 2006 wurden 3 Sippen aus den
italienischen Abruzzen als eigenständige Unterarten von
P. vulgaris beschrieben. Eine davon ist P.
vulgaris ssp. vestina.
Diese Unterart ist laut den Autoren auf wenige
Populationen nördlich und südlich des Gran Sasso Massifs
in Höhen zwischen 1150 und 1750 m beschränkt. Die
Pflanzen kommen in sumpfigen oder moorartigen Stellen in
Grasvegetation entlang von Bächen oder Quellen auf
Kalkgestein vor. Der Name der Unterart bezieht sich auf
das italienische Volk der Vestini, welches in der
Eisenzeit die Abruzzen um den Gran Sasso besiedelte.
Leider wurden in der Publikation von Conti und Peruzzi
keine Vergleiche zu Populationen von P. vulgaris
f. bicolor angestellt, die meiner Meinung nach
blütenmorphologisch kaum Unterschiede aufweisen.
P. vulgaris ssp. vestina gehört zum
temperiert-homophyllen Wuchstyp. Die Pflanzen überdauern
die kalten Winterperiode in Form einer Winterknospe. Im
späten Frühjahr (etwa Mai) fangen die Pflanzen an
karnivore Sommerblätter zu bilden. Wie bei der ssp. vulgaris
besteht die Rosette aus 5 bis 8 länglich
verkehrt-eirunden Blättern, die 3 bis 5 cm lang und
und 10 bis 18 mm breit sind. Das Blattende ist
spitz bis stumpf zulaufend und der Blattrand ist nach
oben gebogen. Bei manchen Pflanzen kann der Blattrand
auch eine gewellte Form aufweisen. Die Oberseite der
Blätter ist dicht mit sitzenden und gestielten
Drüsenhaaren besetzt. Meist sind die Blätter grün
gefärbt, bei direkter Sonneneinstrahlung kann die
Blattfarbe auch gelblich oder schwach rotbraun
sein.
Die
Hauptblühperiode
erstreckt sich von Anfang Juni bis Anfang Juli. Die
Unterschiede der Unterart vestina liegen in
erster Linie bei der Blüte. Im Gegensatz zu ssp. vulgaris
sind die Petalen der Unterlippe weißlich gefärbt mit
einem sehr schwach violetten Rand. Die Autoren geben
weiterhin an, dass sich auf der Basis des Mittellappens
der Unterlippe ein gelblicher Fleck befindet (dies
konnte durch eigene Untersuchungen am Naturstandort bei
den vorgefundenen Blüten nicht bestätigt werden). Ober-
und Unterlippe der Blütenkrone bilden einen Winkel
zwischen 70 und 90°. Auf der Oberseite der Petalen der
Unterlippe ist in der unteren Hälfte bis zum
Kronröhreneingang eine dichte Behaarung mit weißen
Härchen vorhanden. Der 5 bis 6 mm lange Sporn ist
violett gefärbt und ist nach unten gebogen. Die
Samenkapsel ist eiförmig bis birnenartig geformt.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zu ssp. vulgaris
sehen die Autoren in den Kelchblättern der Oberlippe.
Bei ssp. vestina sind die länglich-dreieckig
geformten Kelchblätter der Oberlippe 2 bis 3,8 mm lang
und sind mehr als zur Hälfte miteinander verwachsen,
manchmal sogar vollständig. Das mittlere Kelchblatt ist
meist leicht zweispitzig (bifid). Ob diese Merkmale
immer so konstant auftreten, um ssp. vestina
eindeutig zu ssp. vulgaris abgrenzen zu können,
läßt sich nach ersten eigenen Feldstudien doch mit ein
paar Fragezeichen versehen.
P.
vulgaris ssp. vestina muss als temperierte
Art kühl überwintert werden, am besten im Freiland. In
einem Kalthaus läßt sich die Art zwar auch kultivieren,
allerdings scheinen die Winterknospen gerne schnell zu
faulen, wenn das Substrat zu feucht gehalten wird und
eventuell über abgestorbene Wurzeln Pilze in die
Winterknospe eindringen. Es ist daher ratsam zum Anfang
des Winters alte verfaulte Wurzeln von der Winterknopse
zu entfernen. Es sollte ebenfalls für gute
Luftzirkulation gesorgt werden. An das Substrat scheinen
die Pflanzen keine besonderen Ansprüche zu haben, ein
luftdurchlässiges Substrat ist aber von Vorteil.
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