P. agnata

Oliver Gluchs
Welt der Fleischfressenden Pflanzen
oder:

"Was Sie schon immer einmal über Fettkraut wissen wollten"

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P. filifolia
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Pinguicula alpina Linné (1753)





Bereits 1753 wurde Pinguicula alpina von dem schwedischen Naturforscher Carl von Linné (oder Carl Linnaeus, wie er mit bürgerlichem Namen vor der Erhebung in den Adelsstand hieß), dem Begründer der modernen Pflanzen- und Tiersystematik, in seinem Standardwerk "Species Plantarum" beschrieben. In der Originalbeschreibung sind allerdings nur wenige und nicht immer sehr präzise Merkmale aufgeführt (Linnés Beschreibung bestand nur aus folgenden Details: "konisches Nektarium, kurze Kronblätter, kleine weiße Blüte, kurzer Sporn"). Erst die Artbeschreibung in Jost Caspers Standardwerk "Monographie der Gattung Pinguicula L." von 1966 gab ein vollständiges Bild dieser weit verbreiteten, aber doch sehr speziellen Fettkrautart.




P. alpina ist in der nördlichen Hemisphäre weit verbreitet. Man findet die Art in subarktischen und arktischen Gebieten von Nordeuropa über Sibirien bis ins nördliche Kamtschatka, wo Pflanzen zwischen 1100 m ü. M. und auf Meereshöhe wachsen, sowie in Gebirgsregionen Europas (Pyreneen, Alpen, Karpaten) und Asiens (Himalaya, Gebirgsregionen Nordchinas und der Mongolei). Im Himalaya-Gebirge wurden Exemplare bis auf 4100 m ü. M. gefunden. Kürzlich wurde das Vorkommen auch auf der arktischen Inselgruppe von Spitzbergen nachgewiesen.

Die Art bevorzugt alkalische Böden, kommt aber auch in mehr saurem Milieu vor. Typische Habitate sind Feuchtwiesen entlang von kleinen Bachläufen oder auch feuchte Bereiche von wenig verwitteten Böden oder an Stellen mit wenig Humusauflage oder Moospolstern auf felsigem Untergrund, manchmal aber auch an feuchten Stellen (an denen Wasser aus dem Boden austritt) in mehr bewaldetem Gebiet.



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P. alpina gehört zum temperiert-heterophyllen Wuchstyp. Die Wintermonate überdauert die Art mit einer Winterknospe (Hibernaculum). Oft wird bereits im Frühherbst das Hibernaculum gebildet. Im Gegensatz zu den anderen temperierten Arten sterben die gelbbraunen, dickfleischigen, bis zu 5 cm langen Wurzeln über Winter nicht ab. Im Frühjahr bilden die Pflanzen die Sommerblätter aus. Die Sommerrosette besteht aus 5 bis 8 elliptisch- oder lanzettlich-länglichen Blättern, die zwischen 2,5 bis 4,5 cm (selten bis zu 6 cm) lang werden und ein spitzes oder stumpfes Blattende aufweisen. Während an Standorten mit schattigen Bedingungen der Blattrand nur wenig aufgerollt ist, zeigen Blätter an sonnigen Stellen einen stärker nach oben gebogenen Blattrand. Die Blattfarbe variiert je nach Standort zwischen grün bis gelbgrün, wobei die Blattunterseite bei direkter Sonneneinstrahlung braunrot gefärbt sein kann. Es gibt auch Populationen, bei denen die Blätter gänzlich rotbraun gefärbt sind. Die Blattoberseite ist dicht mit Drüsenhaaren besetzt.


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P. alpina blüht je nach Standort ab Mai bis in den August. Pro Saison können 1 bis 8 Blüten ausgebildet werden. Der Blütenstiel wird 5 bis 11 cm lang, ist grün bis rotbraun gefärbt und weist nur sehr wenige gestielte Drüsenhaare auf. Die Blüte ist zweilippig und ähnelt bei vielen Merkmalen den Blüten von südamerikanischen Fettkrautarten. Die weißen, rundlichen Petalen der Oberlippe sind  etwa 2-4 mm lang, während die weißen Petalen der Unterlippe sich in Form und Größe stark voneinander unterscheiden. Während die seitlichen Petalen eine rundliche bis keilförmige Form haben, ist der Mittellappen der Unterlippe sehr viel größer (bis 5-7, manchmal bis zu 9 mm lang) und länger als breit und kann unterschiedliche Formen haben. Auf der mittleren Petale befindet sich ein zweihöckriger Gaumen, der gelb gefärbt ist und mit kurzen weißen Härchen besetzt ist. Der gelbe Fleck des Gaumens kann sich auch noch unregelmäßig auf dem Mittellappen fortsetzen. Die Kronröhre hat einen breiten Eingang, ist leicht gebogen, verjüngt sich trichterförmig zum Sporn hin und ist 1 bis 1,25 cm lang. Die Kronröhre ist weiß gefärbt und innen wie außen mit gelblich-braunen bis blaßlila farbenen, parallel verlaufenden Adern durchzogen. Auf der Innenseite (ventral sowie seitlich) befinden sich mehrere Reihen weißer, bis 1 mm langer, nach hinten gebogener Härchen. Der kegelförmig bis trichterförmig, stumpf zulaufende Sporn  ist kurz, 2-3 mm lang, erst gelblich, dann mehr gelbbraun gefärbt. Weder die Kronröhre noch der Sporn weisen außen Drüsenhaare auf. Die Samenkapsel hat eine für die Art typisch längliche, verkehrt-eirunde bis birnenartige Form. Die Anzahl Chromosomen beträgt 2n = 32.


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Die längerfristige Kultur von P. alpina scheint in Mitteleuropa nur im Außenbereich möglich zu sein, da in Kalthäusern, in denen kein Frost auftritt, die Pflanzen zu früh wieder austreiben und dauerhaft nicht überleben. Nur Nachkommen von sehr tief vorkommenden zentraleuropäischen Populationen (400-600 m ü. M.) scheinen auch Kalthausbedingungen zu tolerieren, wobei die Temperaturen im Winter nachts unter 5 °C sinken sollten. Sehr wichtig ist es auch Wurzelstörungen (z.B. durch Pilzinfektionen oder Tierfraß) während der Ruhephase zu vermeiden, da dies in der Regel zum Absterben der Pflanzen führt. Pflanzen wachsen in organischem Substrat, in Moospolstern oder auch in einem Kalkmergel-Torfgemisch recht gut. Die Kultur in reinem Vermiculit ist aber auch möglich. Die Wurzeln sollten gelegentlich mit sauerstoffreichem Wasser umspült werden. Da die Art keine Tochterpflanzen ausbildet, ist eine natürliche Vermehrung nur über Samen möglich.