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Pinguicula
australandina
Gluch (2017)
1849
wurde
in der Publikation "Historia fisica y politica de Chile.
Botanica" von Claudio Gay eine Fettkrautsippe aus dem
Valdivianischen Küstengebirge Chiles unter der
Bezeichnung Pinguicula chilensis beschrieben (in
den meisten Publikationen wurde der französische
Botaniker Dominique Clos als der Autor der Beschreibung
angenommen, allerdings gibt es weder in der Publikation
noch auf den Herbarbelegen einen Hinweis auf die
Autorenschaft von Clos).
Im Rahmen meiner intensiven Beschäftigung mit
den Fettkrautsippen Chiles und Argentiniens konnte ich
leider den Herbarbogen des Holotyps von P.
chilensis nicht finden. Auch eine Gruppe um den
kubanischen Botaniker Yoannis Dominguéz konnte 2017
keinen Holotyp ausfindig machen, und daher wurde der
Herbarbeleg von P. chilensis aus dem Musée
Nationale d'Histoire Naturelle in Paris als Lectotyp
bestimmt. Bei eigenen Untersuchungen des Lectotyps aus
dem Pariser Herbarium stellte sich heraus, dass es
sich bei dem Herbarbeleg nicht um P. chilensis
sondern vielmehr um P. antarctica handelte.
Deshalb ist P. chilensis nur ein Synonym von P.
antarctica und daher der Name P. chilensis
nicht gültig. Da es keine Synonyme von P.
chilensis (sensu Clos) zu geben scheint und auch
das Verbreitungsgebiet von P. chilensis in der
Vergangenheit falsch dargestellt wurde, habe ich die
Fettkrautsippen aus dem Anden Chiles und Argentiniens
mit einem neuen Holotyp unter dem Namen Pinguicula
australandina neu beschrieben (Revision of Pinguicula
(Lentibulariaceae) in Chile and Argentina. Carnivorous
Plant Newsletter, 46 (4), 121-131). Der Name P.
australandina bezieht sich auf das Vorkommen der
Art in den südlichen Anden.
Die Art wächst ausschließlich in den Anden in Chile
und Argentinien (und nicht wie fälschlicherweise
angenommen auch im Valdivianischen Küstengebirge
Chiles). Der bisher nördlichste bekannte Standort
befindet sich in der Nähe der Laguna del Maule (etwa
36° südlicher Breite), der südlichste liegt im Nahuel
Huapi Nationalpark in Argentinien (etwa 41° südlicher
Breite). Wahrscheinlich kommt die Art noch weiter
südlich vor, aber aufgrund der schwierigen
Zugänglichkeit der Anden in diesem Gebiet wurde dort
wohl noch nie nach Pinguicula gesucht (die
meisten bekannten Standorte befinden sich in Gebieten,
an denen Passstraßen die Anden überqueren). P.
australandina wurde bisher in Höhen zwischen
1400 und 2300 m über Meereshöhe gefunden.
 
Das
Habitat
von P. australandina sind Feuchtwiesen in
subandinen Hochregionen, die lokal "mallin" genannt
werden. Diese befinden sich in flacheren Zonen und
werden von Schmelzwasser von Gletschern oder
Schneefeldern gespeist und trocknen auch während des
Sommers nicht aus. Im Spätherbst fällt in diesen
Höhenlagen dann wieder Schnee und die Vegetation
verschwindet bis zum nächsten Frühjahr unter einer
Schneedecke.
 
 
P.
australandina gehört, wie auch die verwandten
südamerikanischen Fettkrautarten P. antarctica, P.
calyptrata und P. involuta, zum
tropisch-homophyllen Wuchstyp. Dies bedeutet, dass die
Pflanzen nur eine Blattform ausbilden und den Winter in
der Blattrosette und nicht mit einem Hibernaculum
überdauern.
Die Pflanzen bilden in den meisten Fällen eine
Rosette von 4 bis 6 Blättern. Die Blätter haben eine
eirunde bis verkehrt-eirunde Form, der Blattrand ist
stark nach oben eingerollt und die Blattoberseite ist
dicht mit Drüsenhaaren besetzt. Die Blätter werden bis
zu 2,4 cm lang und bis zu 1,1 cm breit, wobei im
Frühjahr und Herbst die Rosetten kleiner sind.
 
P.
australandina blüht am Naturstandort von Januar
bis Mitte März. Die Pflanzen bilden 1 bis 2 Blüten aus.
Der Blütenstiel wird 2 bis 5 cm lang und ist außen nur
spärlich mit Drüsenhaaren besetzt. Die Kronblätter
der Blütenkrone sind fast gleich groß. Die fast
keilförmig bis verkehrt-eiförmigen Lappen der Oberlippe
werden bis zu 3 mm lang, während die Unterlippenlappen
bis 3,7 mm lang und bis 2,7 mm breit werden können. Der
obere Rand der Kronblätter ist etwa 1 mm eingekerbt. Die
Blütenfarbe variiert zwischen rosa, purpur und
blaßviolett. Die trichterförmig bis konisch geformte
Kronröhre ist weiß, blaßviolett oder blaßpurpur gefärbt
und oft mit blaßpurpurnen oder blaßviolettem, parallel
verlaufenden Adern durchzogen, die sich farblich aber
nur wenig von der Farbe der Kronröhre unterscheiden. Ein
weiteres Unterscheidungsmerkmal zu P. antarctica und P. nahuelbutensis ist der Ort
des Gaumens. Der gelbe, zweigeteilte, blasenförmige
Gaumen befindet sich innerhalb der Kronröhre etwa 1 mm
hinter der Basis des mittleren Kronblatts der
Unterlippe. An die Kronröhre schließt sich der 2
bis 3 mm lange und 0,5 mm breite hellgrün, manchmal auch
braungrün gefärbte Sporn an, der nur wenig konisch
geformt ist und ein stumpfes oder leicht spitz
zulaufendes Ende aufweist.
 
Die
Kultur
von P. australandina ist nicht ganz
unkompliziert. Insbesondere in den Wintermonaten, wenn
die Pflanzen in der Natur unter Schnee liegen und nicht
mehr wachsen, ist in Kultur darauf zu achten, dass die
Temperaturen nicht höher als 8 °C liegen, damit die
Pflanzen eine Art Winterruhe einhalten. Dabei ist für
gute Belüftung zu sorgen, andernfalls werden die
Pflanzen schnell mit Schimmelpilz befallen und sterben
ab. Im Sommer kann man die Pflanzen im Anstauverfahren
kultivieren. Hierbei ist es kein Problem, wenn die
Pflanzen direkt in der Sonne stehen. Beim Substrat
wachsen die Pflanzen gut in reinem Torf aber auch in
anorganischem Substrat, wie z.B. Vermiculit, wobei
letzteres den Vorteil einer besseren Belüftung der
Wurzeln hat. Sebstbestäubung der Blüten scheint die
Regel zu seint, so dass die Art gut über Samen
vermehrbar ist.
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