P. agnata

Oliver Gluchs
Welt der Fleischfressenden Pflanzen
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P. filifolia
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Pinguicula heterophylla Bentham (1839)





George Bentham, ein britischer Jurist und Botaniker, der im 19. Jahrhundert eine intensive botanische Feldforschung betrieb und sich mit dem Aufbau einer effizienten Klassifizierung von Pflanzen befasste, beschrieb 1839 in seiner Publikation über mexikanische Pflanzen ("Plantas Hartwegianas imprimis Mexicanas") unter anderem eine neue Fettkrautart, die er Pinguicula heterophylla nannte. Der Name bezieht sich auf die zwei verschiedenen Blattformen der Sommer- und Winterblätter dieser Art. 




P. heterophylla ist bisher nur aus den Gebirgsregionen der mexikanischen Bundesstaaten Michoacán, Guerrero und Oaxaca bekannt, wobei das Hauptvorkommen in der Sierra Madre del Sur entlang der pazifischen Küste liegt. Die Pflanzen kommen in Eichen-Pinienwäldern vor und wurden bisher in Höhenlagen zwischen 1500 und 2750 m ü. M. gefunden.  Die Habitate sind meist westlich bis nördlich ausgerichtete Hänge mit erodierten sandig-lehmigen Böden, die aufgrund des Laubfalls der Bäume auch etwas organische Substanz enthalten. Das Klima ist gekennzeichnet durch eine trockenere Winterperiode und regenreichere Monate von Juni bis September. Je nach Standort sind die Gesamtjahresniederschläge allerdings variabel. Sie reichen von 1300 mm in Bergnebelwäldern bis zu 900 mm in mehr semiariden Standorten, die einem Savannenklima ähneln.


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P. heterophylla gehört zum temperiert-heterophyllen Wuchstyp mit anisophyllen karnivoren Sommerblättern. Mit Beginn der Trockenzeit bildet die Art eine Winterrosette in Form einer Zwiebel aus. Die Winterrosette besteht aus bis zu 100 nicht-karnivoren Winterblättern, die schmal-lanzettlich geformt sind und spitz zulaufen. Die Blätter sind sehr dünn und können bis 2,5 cm lang werden. Die Winterrosette ist mit einer Hülle aus abgestorbenen Winterblättern umgeben, welche die Pflanze, die sich in den Wintermonaten mehrere Zentimeter unter der Erdoberfläche befindet, wahrscheinlich gegen Pilzbefall und eventuell gegen Insektenfraß schützt. Wenn die Winterrosette vollständig ausgebildet ist, scheint die Pflanze eine Art Ruhephase zu durchlaufen, in der keine neuen Winterblätter mehr gebildet werden. 


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Je nach Standort und lokalen Klimabedingungen, insbesondere zum Zeitpunkt der Zunahme der Regenfälle (zwischen April und Juni), bildet P. heterophylla den ersten Blatttyp karnivorer Blätter aus. Diese 4 bis 6 Blätter werden bis zu 3 cm lang und bis zu 0,9 cm breit, sind länglich verkehrt-eirund geformt mit einem spitzen Blattende und sind auf der Blattoberseite dicht mit Drüsenhaaren besetzt. Danach erscheinen die Blätter des zweiten Blattyps, die eine linealisch-lanzettliche Form besitzen und meist aufrecht wachsen. Durch den stark nach unten gebogenen Blattrand machen die Blätter einen Eindruck eher fadenförmig zu sein. Die Blattbasis ist breiter und kann bis zu 0,5 cm betragen, und die Blätter können eine Länge von bis zu 19 cm erreichen. Die Oberseite der Blätter ist dicht mit sitzenden und gestielten Drüsenhaaren besetzt. Mit dem Rückgang der Niederschlagsmengen bilden die Pflanzen dann etwa ab Oktober wieder eine Winterrosette aus. Die Pflanzen sind auch in der Lage sich vegetativ zu vermehren. Hierbei können sich, wie auch bei der Art P. medusina, am Blattende der Sommerblätter neue Pflanzen entwickeln. Diese Eigenschaft tritt nicht bei allen Populationen von P. heterophylla in gleichem Maße auf. In manchen Populationen läßt sich aber bei bis zu 15% der Pflanzen die Ausbildung von Tochterpflanzen beobachten.


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P. heterophylla blüht nur aus der Sommerrosette. Die Blüte erstreckt sich je nach lokalen klimatischen Verhältnissen von Mitte April bis Mitte August. Nach der Ausbildung der ersten karnivoren Blätter erscheinen dann auch die ersten Blüten. Pro Pflanze können bis zu 4 Blüten gebildet werden. Die aufrecht wachsenden Blütenstiele erreichen eine Länge von 10 bis 15 cm, es wurden aber auch schon Blütenstiele mit einer Länge von bis zu 28 cm dokumentiert. Die Blütenstiele sind dicht mit gestielten Drüsenhaaren besetzt, wobei die Dichte der Drüsenhaare zur Blüte hin zunimmt. Die Blütenkrone ist zweilippig, wobei die Petalen der Oberlippe meist kürzer sind als die der Unterlippe. Die Kronblätter haben eine verkehrt-eirunde, länglich verkehrt-eirunde oder keilförmige Form und sind zwischen 0,5 und 1,2 cm lang und zwischen 0,3 und 0,8 cm breit. Die vorkommenden Blütenfarben sind blaßviolett, violett, blaßlila und blaßrosa, eher seltener auch ganz weiß. Die Oberseite der Kronblätter ist vereinzelt mit langen, weißen Härchen besetzt, die zum Kronröhreneingang dichter werden. An der Basis der mittleren Petale der Unterlippe befindet sich ein gelblich-grüner Fleck, der sich in die Kronröhre fortsetzt. DIe Kronröhre ist zylinderförmig, verjüngt sich leicht zum Ende hin, ist vorwiegend violett gefärbt und wird bis zu 8,5 mm lang. An die Kronröhre schließt sich der hellgrüne Sporn an, der eine runde Spitze aufweist und 3 bis 6 mm lang wird. Die Anzahl der Chromosomen beträgt 2n = 22.


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Bei der Kultur von P. heterophylla ist die Trockenperiode vom Spätherbst bis beginnendes Frühjahr zu beachten. Dies ist insbesodere wichtig, da sich die zwiebelartige Winterrosette unterhalb der Substratoberfläche befindet und daher ein Schädlings- oder Krankheitsbefall nur nach Ausgraben der Winterrosette sichtbar wird. Daher sollte das Substrat während der Trockenperiode nur leicht feucht bzw. in einem Kalthaus mit hoher Umgebungsluftfeuchte fast trocken gehalten werden. Auch während der Sommermonate sollten die Pflanzen nicht permanent im Anstau stehen, da dies zu Wurzelfäule führen kann. Beim Substrat ist darauf zu achten, dass es luftdurchlässig ist, damit insbesondere im Winter die Winterrosette nach Wassergaben schnell abtrocknen kann. Die Kultur in Vermiculit-Bimssandgemisch hat sehr gute Kulturerfolge gezeigt.