|
Pinguicula
heterophylla
Bentham (1839)
George
Bentham,
ein britischer Jurist und Botaniker, der im 19.
Jahrhundert eine intensive botanische Feldforschung
betrieb und sich mit dem Aufbau einer effizienten
Klassifizierung von Pflanzen befasste, beschrieb 1839 in
seiner Publikation über mexikanische Pflanzen ("Plantas
Hartwegianas imprimis Mexicanas") unter anderem eine
neue Fettkrautart, die er Pinguicula
heterophylla nannte. Der Name bezieht sich auf die
zwei verschiedenen Blattformen der Sommer- und
Winterblätter dieser Art.
P.
heterophylla ist bisher nur aus den
Gebirgsregionen der mexikanischen Bundesstaaten
Michoacán, Guerrero und Oaxaca bekannt, wobei das
Hauptvorkommen in der Sierra Madre del Sur entlang der
pazifischen Küste liegt. Die Pflanzen kommen in
Eichen-Pinienwäldern vor und wurden bisher in Höhenlagen
zwischen 1500 und 2750 m ü. M. gefunden. Die
Habitate sind meist westlich bis nördlich ausgerichtete
Hänge mit erodierten sandig-lehmigen Böden, die aufgrund
des Laubfalls der Bäume auch etwas organische Substanz
enthalten. Das Klima ist gekennzeichnet durch eine
trockenere Winterperiode und regenreichere Monate von
Juni bis September. Je nach Standort sind die
Gesamtjahresniederschläge allerdings variabel. Sie
reichen von 1300 mm in Bergnebelwäldern bis zu 900 mm in
mehr semiariden Standorten, die einem Savannenklima
ähneln.
P.
heterophylla
gehört zum temperiert-heterophyllen Wuchstyp mit
anisophyllen karnivoren Sommerblättern. Mit Beginn der
Trockenzeit bildet die Art eine Winterrosette in Form
einer Zwiebel aus. Die Winterrosette besteht aus bis zu
100 nicht-karnivoren Winterblättern, die
schmal-lanzettlich geformt sind und spitz zulaufen. Die
Blätter sind sehr dünn und können bis 2,5 cm lang
werden. Die Winterrosette ist mit einer Hülle aus
abgestorbenen Winterblättern umgeben, welche die
Pflanze, die sich in den Wintermonaten mehrere
Zentimeter unter der Erdoberfläche befindet,
wahrscheinlich gegen Pilzbefall und eventuell gegen
Insektenfraß schützt. Wenn die Winterrosette vollständig
ausgebildet ist, scheint die Pflanze eine Art Ruhephase
zu durchlaufen, in der keine neuen Winterblätter mehr
gebildet werden.
Je
nach
Standort und lokalen Klimabedingungen, insbesondere zum
Zeitpunkt der Zunahme der Regenfälle (zwischen April und
Juni), bildet P. heterophylla den ersten Blatttyp
karnivorer Blätter aus. Diese 4 bis 6 Blätter werden bis
zu 3 cm lang und bis zu 0,9 cm breit, sind länglich
verkehrt-eirund geformt mit einem spitzen Blattende
und sind auf der Blattoberseite dicht mit Drüsenhaaren
besetzt. Danach erscheinen die Blätter des zweiten
Blattyps, die eine linealisch-lanzettliche Form besitzen
und meist aufrecht wachsen. Durch den stark nach unten
gebogenen Blattrand machen die Blätter einen Eindruck
eher fadenförmig zu sein. Die Blattbasis ist breiter und
kann bis zu 0,5 cm betragen, und die Blätter können eine
Länge von bis zu 19 cm erreichen. Die Oberseite der
Blätter ist dicht mit sitzenden und gestielten
Drüsenhaaren besetzt. Mit dem Rückgang der
Niederschlagsmengen bilden die Pflanzen dann etwa ab
Oktober wieder eine Winterrosette aus. Die Pflanzen sind
auch in der Lage sich vegetativ zu vermehren. Hierbei
können sich, wie auch bei der Art P. medusina,
am Blattende der Sommerblätter neue Pflanzen entwickeln.
Diese Eigenschaft tritt nicht bei allen Populationen von
P. heterophylla in gleichem Maße auf. In manchen
Populationen läßt sich aber bei bis zu 15% der Pflanzen
die Ausbildung von Tochterpflanzen beobachten.
P.
heterophylla blüht nur aus der Sommerrosette. Die
Blüte erstreckt sich je nach lokalen klimatischen
Verhältnissen von Mitte April bis Mitte August. Nach der
Ausbildung der ersten karnivoren Blätter erscheinen dann
auch die ersten Blüten. Pro Pflanze können bis zu 4
Blüten gebildet werden. Die aufrecht wachsenden
Blütenstiele erreichen eine Länge von 10 bis 15 cm, es
wurden aber auch schon Blütenstiele mit einer Länge von
bis zu 28 cm dokumentiert. Die Blütenstiele sind dicht
mit gestielten Drüsenhaaren besetzt, wobei die Dichte
der Drüsenhaare zur Blüte hin zunimmt. Die Blütenkrone
ist zweilippig, wobei die Petalen der Oberlippe meist
kürzer sind als die der Unterlippe. Die Kronblätter
haben eine verkehrt-eirunde, länglich verkehrt-eirunde
oder keilförmige Form und sind zwischen 0,5 und 1,2 cm
lang und zwischen 0,3 und 0,8 cm breit. Die vorkommenden
Blütenfarben sind blaßviolett, violett, blaßlila
und blaßrosa, eher seltener auch ganz weiß. Die
Oberseite der Kronblätter ist vereinzelt mit langen,
weißen Härchen besetzt, die zum Kronröhreneingang
dichter werden. An der Basis der mittleren Petale der
Unterlippe befindet sich ein gelblich-grüner Fleck, der
sich in die Kronröhre fortsetzt. DIe Kronröhre ist
zylinderförmig, verjüngt sich leicht zum Ende hin, ist
vorwiegend violett gefärbt und wird bis zu 8,5 mm lang.
An die Kronröhre schließt sich der hellgrüne Sporn an,
der eine runde Spitze aufweist und 3 bis 6 mm lang
wird. Die Anzahl der Chromosomen beträgt 2n = 22.
Bei
der Kultur
von P. heterophylla ist die Trockenperiode vom
Spätherbst bis beginnendes Frühjahr zu beachten. Dies
ist insbesodere wichtig, da sich die zwiebelartige
Winterrosette unterhalb der Substratoberfläche befindet
und daher ein Schädlings- oder Krankheitsbefall nur nach
Ausgraben der Winterrosette sichtbar wird. Daher sollte
das Substrat während der Trockenperiode nur leicht
feucht bzw. in einem Kalthaus mit hoher
Umgebungsluftfeuchte fast trocken gehalten werden. Auch
während der Sommermonate sollten die Pflanzen nicht
permanent im Anstau stehen, da dies zu Wurzelfäule
führen kann. Beim Substrat ist darauf zu achten, dass es
luftdurchlässig ist, damit insbesondere im Winter die
Winterrosette nach Wassergaben schnell abtrocknen kann.
Die Kultur in Vermiculit-Bimssandgemisch hat sehr gute
Kulturerfolge gezeigt.
|